Doktor Big


An für sich gefiel mir das Schnabeltier nie so richtig, als ich es das erste Mal sah, musste ich schnell an die frische Luft, damit ich mich nicht gleich im Laden übergeben musste.

Das ist doch kein Motorrad. Und erst recht keine Enduro.

Als meine 600er das Zeitliche gesegnet hatte, ging’s ans überlegen, was nun kommen sollte. Ich hatte ja von der Versicherung ein paar Kilo-Marks für ein neues Moped bekommen. Dummerweise war da dieser Bekannte, der bei einem meiner Lieferanten beschäftigt war und immer diese DR BIG vor der Türe stehen hatte. Und der war nur am schwärmen.

Zuverlässig währe sie. Und eine phänomenale Laufruhe. Und bequem. Und schnell. Und preiswert. Und Laufleistungen von 50, 60 oder gar 100 tausend Kilometern. Und überhaupt: achthundert Kubikzentimeter Hubraum auf einen Zylinder. Im Internet das gleiche Spiel: Nur positives, kaum negatives (bis auf die Ersatzteilkosten).

Also kaufte ich mir den Heissen Draht und begann zu stöbern …

Probefahrt

… und zu Finden …

Und zwar eine 1991er DR BIG in blau. Laut eines ersten Telefonates sollte sie auch keinen Rost besitzen – angesichts der von Suzuki speziell für Motorräder entwickelten Hauchlackierung – (nein, natürlich nicht, um die Motorradfahren zu ärgern, sondern um augrund der Gewichtseinsparung mit besseren Fahrleistungen aufwarten zu können) eine fast unglaubliche Behauptung, gerade für ein schon 6 Jahre altes Moped.

Die Überraschung 1 folgte: Kein Rost. Auch nicht an den neuralgischen Punkten am Rahmen. NIX. OK, Probefahrt. Dann die Überraschung 2: Der dicke Einzylinder kommt nicht von unten wie ein Über-Dampfhammer sondern vor allem im oberen Drehzahlbereich. Ab 4000 U/min legt ein ein paar Briketts ins Feuer, ab 5000 U/min noch einen halben Sack. Und dass bei 800ccm!!!

Und: Es hört sich an wie im Märchen, die DR BIG vibriert kaum. Nur im Bereich zwischen 4-5.000 U/min merkt man schon, wo’s hingehen soll.

Kettenrad

Meinen ersten Ausraster hatte ich schon bald. Schon bei der ersten In-Augenschein-Name hatten wir festgestellt, dass dieses Plastikrad, auf dem unten die Kette läuft, lose ist. Dank selbstsichernder Schraube – dachten wir – hält das wohl auch die nächsten 50km bis nach Hause. Sie hielt aber nicht. Naja, dachte ich, gibt’s halt ne neue. Beim Suzi-Händler gab’s bei der Bestellung auch kein Problem; nach 2-3 Wochen konnte ich den Satz abholen. Der Kostete über 130,- DM!!! SCHLUCK. OK, bezahlen, raus, Angebaut – und schon wieder enttäuscht: Das Kit passte nicht, weil der Lager-Mokel das obere statt das untere Rad bestellt hatte. Na klasse, nochmal 2, 3 Wochen gewartet, Zähneknirschend meinen Obolus entrichtet und diesmal erfolgreich montiert.

Schalldämpfer

Das Hin- und Her mit dem Schalldämpfer ist so schön, dass ich ihm hier eine eigene Seite spendiere.

Service

Tja, und der Service ist besonders erwähnenswert.

  • Das Bestellen klappt nicht.
    Wen man eine Lampe für den Drehzahlmesser bestellt, muss man schon mal vier mal zum Händler fahren, weil die Suzuki-Mitarbeiter einfach zu dusselig waren oben von unten, vorne von hinten oder links von rechts unterscheiden zu können. Das ist kein Einzelfall, sondern war eher normal.
  • Die Inspektionen werden sehr nachlässig durchgeführt.
    Die sechste Inspektion hatte mein KTM-Händler durchgeführt und festgestellt, dass der Deckel der Ausgleichswelle noch nie geöffnet wurde. Die Kettenspannung der Ausgleichswelle muss laut Serviceheft bei jeder Inspektion geprüft werden.
    Oder: Die Fußrasten müssen auf ihren festen Sitz geprüft werden. Wieso konnte man nach der Inspektion die Soziusraste um 2cm bewegen?

Fazit

Die DR BIG ist ein prima Alltagsmoped. Bequem, angemessen motorisiert, guter Windschutz, recht individuell.

Gegenüber der KTM ist die DR BIG viel zu weich Abgestimmt, die 41er Vordergabel verdreht sich, der Rahmen verbiegt sich vor allem in Kurven mit Bodenwellen merkbar und die Ersatzteilpreise sind exorbitant hoch.

Zu guter letzt habe ich noch keinen Susuki-Händler finden können, der eine Inspektion auch nur Ansatzweise korrekt durchgeführt hatte, das Geld kann man gleich zum Fenster rauswerfen. Also fahren wir immer zum KTM-Händler unseres Vertrauens.

Nach der Probefahrt einer KTM Adventure-R habe ich meine Suzi gegen dies Moped getauscht. Wie es dazu kam liest man hier.

Skandal!

Sang- und klanglos hat Suzuki wohl die DR Big seit 2000 offiziell aus dem Programm genommen, die 650er Typen folgten 2001. Sie sollen wohl durch die DR-Z 400 abgelöst werden, die seit 2000 als einzige Enduro im Programm bleibt (die Freewind ist ein … öhhhhmmm, hat jemand eine Idee, was die eigentlich sein soll? Wenn ja, dann hier mit mir Kontakt aufnehmen).

Naja, die Art und Weise des Verschwindens passt ja zur Motivation, den die Vertragshändler bei der Durchführung der Inspektion an den Tag legen …